von Martin Dichler

 

Wer noch vor einigen Jahren in Sofia landete, musste sich zur Begrüßung nicht selten mit schlecht gelaunten Zollbeamten abfinden, durch ein hoffnungslos überfülltes Terminal marschieren und schließlich an einem der wenigen Gepäcksbändern hoffen, dass der Koffer auch wirklich den Weg in die bulgarische Hauptstadt gefunden hat.

Inzwischen hat sich am Flughafen Sofia einiges zum Guten verändert: Mit dem Beitritt des Landes zur Europäischen Union am 1. Jänner 2007 wurde der moderne Terminal 2 am Flughafen Sofia-Vrazhdebna in Betrieb genommen.

70 Jahre Flughafen Sofia

Die Geschichte des Flughafens geht auf den 16. September 1937 zurück, als Zar Boris III. einen Neustart der bulgarischen Luftfahrt anordnete. Nach den Wirren des ersten Weltkrieges war es den Bulgaren untersagt, militärische Luftfahrt zu betreiben, bereits 1922 wurden jedoch erstmals wieder Postflüge zwischen Sofia, Plovdiv, Yambol und Burgas aufgenommen.

Im Jahre 1939 wurde dann ein "richtiges" Flughafengebäude errichtet und zwei Jahre später die erste befestige Piste gebaut, die in den folgenden Jahren auf 1.050 Meter Länge ausgebaut wurde. TABSO, die Vereinigung aller Luftfahrtunternehmen Bulgariens (Passagier, Fracht, Agrar), wurde 1949 unter kommunistischer Herrschaft gegründet.

 

Der Tower auf dem älteren Teil des Airports.

 

Mit der Landung der ersten Jets am Flughafen Sofia wurde es notwendig, die Infrastrutkur weiter zu verbessern. Die vorhandene Piste wurde auf 2.720m verlängert und das vorhandene Terminalgebäude einer Modernisierung unterzogen.

Die spätere nationale bulgarische Fluglinie Balkan Bulgarian Airlines entwickelte sich zu dieser Zeit prächtig und flog in ihrem Streckennetz viele sozialistische Bruderstaaten in Afrika und Asien an. So verband die Airline Sofia mit Zielen wie Lagos oder Harare in Afrika, aber auch mit internationale Hubs wie beispielsweise Bangkok oder New York. Durch den Zusammenbruch der Balkan Bulgarian Airlines im Jahr 2002, musste der Flughafen Sofia aber einen empfindlichen Einbruch im Passagierverkehr verkraften.

 

Sofia ist der Heimatflughafen der 11 Boeing 737 umfassenden Flotte von Bulgaria Air.

 

Der Beitritt zur Europäischen Union - eine neue Hoffnung

Schon bald nach dem Fall der kommunistischen Herrschaft reichte Bulgarien im Jahr 1995 den Beitragsantrag für die Aufnahme in die Europäische Union ein. Nachdem der Flughafen noch im Jahr 2002 das bestehende Terminal einer Renovierung unterzogen hatte, war nach dem erfolgreichen Abschluss der Beitrittsverhandlungen 2004 klar, das dass bestehende Terminalgebäude zuwenig Kapazitäten für den zu erwartenden Aufschwung im Luftverkehr bieten würde.

Tatsächlich war es so, dass bereits im Jahr 2006 mit 2,2 Millionen Passagiere doppelt so viele wie fünf Jahre zuvor abgefertigt wurden. Alleine im Jahr 2006 wurden insgesamt 38.123 Flugbewegungen von 38 bulgarischen und internationalen Airlines registriert - der Flugverkehr stieg um nicht weniger als 14% im Vergleich zum Jahr davor. Damit musste der Terminal 1 aus den 1930er Jahren zwangsläufig an seine Kapazitätsgrenze stoßen und die Errichtung eines neuen Abfertigunggebäudes wurde unumgänglich.

 

Mittlerweile wurd in Sofia das neue Terminal 2 mit einer jährlichen Kapazität von 2,6 Mio. Passagieren eröffnet.

 

Die aufkommensstärkste Destination ab Sofia ist übrigens Wien - österreichische Unternehmen zählen schon seit Jahren zu den führenden Investoren in Bulgarien. Insgesamt 157.555 Passagiere flogen 2006 zwischen den beiden Hauptstädten, an zweiter Stelle folgte Frankfurt mit 147.667 Fluggästen. Insgesamt 33 Flüge werden pro Woche zwischen Wien und Sofia durchgeführt (Sommer 2007).

Alexander Gyurov (Aviation Marketing Analyst Sofia Airport) erklärt gegenüber Austrian Aviation Net einen weiteren Grund für den regen Flugverkehr zwischen Vrazhdebna und Schwechat: "Etwa 70% der Passagiere steigen in Wien um. Daher ist dieser Hub für unsere Passagiere sehr wichtig."

Wenn auch zögernd, haben mittlerweile eine Reihe europäischer Low Cost Airlines erkannt, dass mit Flügen nach Sofia gutes Geld zu verdienen ist. My Air, SkyEurope, Air Italy, Transavia, Wizzair und seit neuestem Germanwings fliegen bereits nach Sofia. Gespräche mit anderen Airlines sind im Laufen.

 

Die großzügige Architektur schafft ein angenehmes Klima.

 

Alexander Gyurov dazu: "Viele neue Passagiere wurden durch die Low Cost Airlines gewonnen. Fluggäste, die bisher mit dem Bus in Europa gereist sind, steigen heute ins Flugzeug und nutzen die niedrigen Tarife der Low Cost Airlines." Diese Entwicklung soll sich auch in einer weiterhin steigenden Passagierzahl niederschlagen: "Dadurch erwarten wir uns für das laufende Jahr eine weitere positive Entwicklung auf ca. 2,5 Millionen abgefertigte Passagiere."

Wenn sich diese positive Entwicklung auch nur langsamer fortsetzt als anderswo (der Flughafen Bratislava fertigte in einem wesentlich kleineren Wirtschaftsraum im gleichen Zeitraum 1,9 Millionen Passagiere ab), so darf man in naher Zukunft mit einen wesentlich stärkeren Aufschwung rechnen.

 

 

Neue Runway und Terminal 2

Die 1991 neu gegründete Flughafengesellschaft Sofia Airport EAD begann 1995 mit der Erstellung eines Masterplans zum Flughafenausbau. Ziel dabei war es, moderne Einrichtungen anzubieten, die der Zunahme des Luftverkehrs gerecht werden und den Anforderungen der ICAO entsprechen sollten.

Als erster Schritt wurde parallel zur bestehenden Landebahn, eine neue Piste mit einer Gesamtlänge von 3.600 m errichtet und am 31. August 2006 ihrer Bestimmung übergeben. Die neue Runway ist für 20 Bewegungen pro Stunde ausgelegt, bietet zwei Taxiways und ist für CATIII-Anflüge zugelassen.

 

Parallel zur alten Runway wurde die neue Piste 09/27 errichtet. Die alte Landebahn dient mittlerweile als Taxiway.

 

Im Jahr 2002 erhielt die österreichische STRABAG den Bauauftrag zur Errichtung eines neuen Abfertigungsbegäudes. Der Bau des Terminal 2 begann 2003 mit einer Förderung der EU/ISPA (strukturpolitisches Instrument zur Vorbereitung auf den EU Beitritt) in der Höhe von € 45 Mio, was etwas mehr als einem Drittel der Gesamtkosten von rund € 145 Mio. entsprach. Der Rest der Baukosten wurde durch ein Darlehen der Europäischen Investitionsbank und aus Mitteln des Bulgarischen Staates finanziert.

Der neue Terminal 2 umfasst auf 56.500m2 verbauter Fläche 34 Check-In Schalter, sieben Fluggastbrücken und weitere fünf Busgates. Neben Büros, Duty Free Zonen und Gastronomiebereichen wurde auch eine unterirdische Parkgarage mit 820 Stellplätzen geschaffen. Zwei modern ausgestattete Business Lounges stehen den abfliegenden Passagieren zusätzlich zur Verfügung. Eine Besucherterrasse wurde am Dach des Terminals ebenfalls eingeplant, bis heute aber leider noch nicht eröffnet.

Das neue Terminal ist für 2,6 Millionen Passagiere pro Jahr ausgelegt, maximal 2.000 Passagiere können pro Stunde abgefertigt werden. In erster Linie werden Flüge nationaler und internationaler Linienairlines abgefertigt, im alten Terminal 1 haben die Low Cost Carrier ihre Heimat gefunden.

 

Das neue Terminal verfügt über 7 Fluggastbrücken und 5 Busgates.

 

Am 27. Dezember 2006 wurde das neue Gebäude vom bulgarischen Premierminister Sergei Stansishev seiner Bestimmung übergeben. Das erste Flugzeug das am Terminal 2 andockte, war eine Air Bulgaria Boeing 737 nach einer symbolhaften Landung aus Brüssel.

Sollten in fernerer Zukunft zusätzliche Kapazitäten benötigt werden, kann das Gebäude in Richtung Osten verlängert werden. Mit dem Bau einer leistungsfähigen Flughafenautobahn wird schon in naher Zukunft begonnen - damit dürfte der Flughafen Sofia dann endgültig bereit für neue Herausforderungen sein.

Für die freundliche Unterstützung dieses Berichtes, bedanke ich mich bei Monika Pelinkova (Sofia Airport Press Center) sowie Hr. Alexander Gyurov (Sofia Airport Marketing Analyst), recht herzlich.